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Vom Geschirrspüler zum Sexarbeiter*
Im Rahmen der mittlerweile zur wiedner Tradition gewordenen Projektfahrten in andere Länder, reiste eine Gruppe bestehend aus einer jungen Frau und fünf jungen Männern in Begleitung zweier Mitarbeiter*innen von Streetwork Wieden nach Hamburg. Ziel des dreitägigen Aufenthalts war es, die Großstadt kennenzulernen und sich mit dem dort allgegenwärtigen Thema Sexarbeit und deren Vorurteilen sowie der Stigmatisierung auseinanderzusetzen. Nicht nur durch den Besuch zweier Einrichtungen, die Menschen in der Sexarbeit Hilfestellungen anbieten, wurde der Horizont der jungen Erwachsenen erweitert, auch die eigenen Fähigkeiten im Führen eines Haushalts konnten durch die Reise und den gemeinsamen Aufenthalt in einem Apartment gefördert werden.
Im Frühjahr 2019 kamen sechs junge Erwachsene zwischen 19 und 22 Jahren auf das Team von Streetwork Wieden zu und äußerten den Wunsch nach einer gemeinsamen Reise. Nach den bisherigen Projektfahrten in die Städte Berlin und Prag sowie Tel Aviv und Jerusalem fiel die Wahl dieses Jahr auf die norddeutsche Hafenstadt Hamburg. Da zu dieser Gruppe bereits ein langjähriger Kontakt besteht und in Gesprächen oftmals ein hohes Maß an Sensibilität und Offenheit für kontroverse Themen in der Gesellschaft vorhanden war, wurde gemeinsam entschieden, einen thematischen Schwerpunkt in die Reise zu integrieren. Hamburg ist für sein Rotlichtmilieu bekannt, durch die sozialen Einrichtungen, die dort aktiv sind, bot sich die Möglichkeit das Thema Sexarbeit aus Helfer*innenperspektive zu betrachten. Im Zuge dessen besuchte die Projektgruppe zum einen die Einrichtung „Sperrgebiet St. Pauli“, die Frauen* in der Sexarbeit Beratung und Anlaufstelle anbieten. Vorab wurden mit den jungen Erwachsenen Fragen gesammelt, diese konnten in diesem Rahmen an die Mitarbeiterin herangetragen werden. Zum anderen wurde beim „BASIS-Projekt“, das eine Anlauf- und Übernachtungsstelle für männliche Sexarbeiter* anbietet, ein Workshop zu den Themen „Sprache und Stereotype in der Sexarbeit“ abgehalten. Die dadurch gewonnen Informationen bekamen durch den Besuch der Davidstraße, der Herbertstraße und der Reeperbahn in St. Pauli einen praktischen Bezug.
Diese Reise bot allen Teilnehmer*innen die seltene Möglichkeit, viel Neues zu hören und zu erleben, einmal eine Hafenrundfahrt zu machen, Vergleiche zwischen Wien, Hamburg und anderen bereits bekannten Städten anzustellen sowie intensive Gespräche über Transsexualität, Geschlechterrollen, Flucht und Kriegserfahrungen, gesellschaftliche Stellung von Migrant*innen (in Wien), Vorurteile gegenüber Homosexuellen und das Patriachat zu führen, die im alltäglichen Kontakt so kaum stattfinden würden.
Zusätzlich zu den eben genannten Ergebnissen dieser mehrtägigen Projektfahrt ermöglichte diese den jungen Männern auch, erste Erfahrungen im Einräumen eines Geschirrspülers zu sammeln und den Lebensalltag ihrer Mütter um eine Aufgabe zu erleichtern.